Begegnungszone der Religionen

4. Oktober 2024

Es ist ein Land der Vielfalt – sowohl, was seine Flüsse und Canyons, Wälder und Berge anbelangt, als auch seine Religionen und Kulturen. Und es hat einen Doppelnamen: Bosnien und Herzegowina. Der südosteuropäische Bundesstaat grenzt an Kroatien, Serbien, Montenegro – und zudem eine kurze Strecke ans Meer. Gut die Hälfte der Bevölkerung von Bosnien (der Region im Norden) und Herzegowina (der Region im Süden) sind Muslime und Musliminnen, etwa ein Drittel Serbisch-Orthodoxe, an die 16 Prozent Katholiken und Katholikinnen. Daneben gibt es eine kleine Minderheit von Jüdinnen und Juden, die freilich vor dem Zweiten Weltkrieg größer war: 20 Prozent der Bevölkerung Sarajewos haben dem Judentum angehört.

 

Die Religionszugehörigkeit wird traditionell oft gleichgesetzt mit der Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe, die sich über die Religion definiert. Abgesehen vom Ersten und Zweiten Weltkrieg verlief das Zusammenleben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen friedlich. In jüngster Zeit wurde dieser Friede freilich jäh durch den im Rahmen der Jugoslawienkriege ausgebrochenen Bosnienkrieg (1992-1995) zerstört. Infolge des beginnenden Zerfalls der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien sowie der damit verbundenen kriegerischen Auseinandersetzungen besonders in Kroatien, waren 1990 und 1991 auch die Spannungen zwischen den Ethnien in Bosnien und Herzegowina gewachsen. Während sich Serben nach Serbien orientierten, Kroaten nach Kroatien, gab es insbesondere bei den Bosniaken (so die Bezeichnung der bosnischen Muslime) den Wunsch, einen eigenen unabhängigen Staat zu bilden. Nach der internationalen Anerkennung der unabhängigen Republik Bosnien und Herzegowina durch die Europäische Gemeinschaft und die USA im April 1992 begann die militärische Eskalation zwischen den Konfliktparteien, deren Spuren bis heute schmerzen.

 

2025 wird der 30. Jahrestag des Abkommens von Dayton begangen, das den Krieg in Bosnien und Herzegowina 1995 offiziell beendet hat.

 

Heute ist die Republika Srpska neben der Föderation von Bosnien und Herzegowina einer der zwei Teilstaaten des Landes. Gesprochen werden die Sprachen Kroatisch, Bosnisch und Serbisch, die sich nur gering voneinander unterscheiden.  Den größten Unterschied machen die Alphabete aus: In der Föderation von Bosnien und Herzegowina ist das lateinische Alphabet vorherrschend, in der Republika Srpska dominiert das kyrillische.

 

Doch zu den Anfängen: Bosnien und Herzegowina wurden im 6. und 7. Jahrhundert durch Südslawen besiedelt, die sich mit den ansässigen Illyrern vermischten. Illyrischer Herkunft soll auch der Name des Landes sein, benannt nach dem Oberlauf des Flusses Bosna.

 

Mit der Eroberung durch das Osmanische Reich hielt im 15. Jhdt. der Islam Einzug, das Königreich Bosnien wurde abgeschafft. 1867 erfolgte der Okkupationszug und damit die Herrschaft von Österreich-Ungarn. Die Bevölkerung wurde „Muhamedanci“ oder „Muhamedovci“ („Mohammedaner“), genannt, womit sich die Bosniaken nicht anfreunden konnten. Um 1900 wurde der Begriff „Musliman“ (Muslim oder Moslem) eingeführt, den die muslimische Bevölkerung akzeptierte.

 

Nach dem Ende der österreichisch-ungarischen Herrschaft entwickelte sich das Königreich Jugoslawien (1918-1941), nach dem Zweiten Weltkrieg der Staat Jugoslawien (die Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien, 1945-1992). Bosnien-Herzegowina ist einer der sechs international anerkannten Nachfolgestaaten Jugoslawiens.

 

Seine Hauptstadt ist Sarajewo, das „Jerusalem Europas“, eine der historisch interessantesten und vielfältigsten Städte von Europa. Gelegen am Fluss Miljacka und umgeben von Bergen, gibt es wohl keine andere Stadt in Europa, in der Moscheen, Kirchen und Synagogen in so enger Nachbarschaft stehen. Der Gebetsruf des Muezzins gehört ebenso zum Alltag wie das Läuten der Kirchenglocken. Und auch die Geschichte der Jüdinnen und Juden Bosnien-Herzegowinas ist weit über 500 Jahre alt, sie nimmt ihren Anfang, als sephardische Juden aus Spanien vertrieben wurden. Unter der Herrschaft Österreich-Ungarns erlebten die Jüdinnen und Juden Sarajewos noch einmal starken Zuwachs: Diesmal von aschkenasischer, also mittel-, nord- und osteuropäischer Seite. Die aschkenasische Synagoge, gelegen am Ufer des Flusses Miljacka und 1902 erbaut, gilt als drittgrößte Europas. Sie dient heute als Hauptsynagoge der Jüdischen Gemeinde von Sarajewo. Die kleinere Synagoge der sephardischen Gemeinde wird eher als Ausstellungsort genützt.

 

Die Moscheen, besonders sehenswert die Kaisermoschee und die Gazi-Husrev-Beg-Moschee, reichen zurück ins 15. und 16. Jahrhundert. Aber auch deutlich jüngere, mit Spenden und Geldern aus Saudi-Arabien finanzierte, prägen das Stadtbild. Eine der größten orthodoxen Kirchen auf der Balkanhalbinsel ist die Mariä-Geburt-Kathedrale, erbaut 1859-1874. Die Herz-Jesu-Kathedrale ist eine römisch-katholische Bischofskirche und neugotische Basilika.

 

130 Kilometer südwestlich von Sarajewo befindet sich das bezaubernde und malerische Mostar. Der smaragdgrüne Fluss Neretva teilt die Stadt in einen christlich-kroatischen und einen muslimisch-bosniakischen Teil, vereint von der „Stari Most“, der im Bosnienkrieg zerstörten, aber detailgenau widererbauten „Alten Brücke“.

 

Südlich von Mostar gelangt man nach Blagai und damit zum Derwisch-Haus an der Bunaquelle (Vrelo Bune). Der Fluss entspringt hier mit einer Schüttung von 43.000 Litern pro Sekunde, was die Buna zu einer der größten Karstquellen Europas macht. Ein osmanischer Wesir sei von diesem Ort so fasziniert gewesen, dass er ein beeindruckendes Derwisch Kloster direkt neben der Quelle errichten ließ.

 

30 Kilometer südwestlich von Mostar erreicht man Medjugorje, eine der meistbesuchten europäischen Pilgerstätten der katholischen Welt. In dem einst verschlafenen Dorf änderte sich das Leben, als am 24. Juni 1981 einer Gruppe von sechs Kindern die „Heilige Maria“ erschienen sein soll. Eine Erfahrung, die für die mittlerweile Erwachsenen bis heute anhält, wie sie sagen.

 

Wer weiter Richtung Südwesten fährt, kommt zum einzigen Meerzugang Neum. Südöstlich davon, schon fast an der Grenze zu Montenegro, liegt Trebinje. Die malerische Altstadt beherbergt Jahrhunderte alte orthodoxe und katholische Kirchen. Ein Meisterwerk osmanischer Baukunst ist die Arslanagic-Brücke aus dem 16. Jahrhundert.

 

Doch nicht nur der Süden, auch der Norden des Landes hat viel zu erzählen. Banja Luka, die Hauptstadt der Republika Srpska, ist die zweitgrößte Stadt des Landes und die serbisch-orthodoxe Christ-Erlöser-Kathedrale gilt als eine der schönsten Gotteshäuser Bosniens-Herzegowinas.

 

Etwa 70 Kilometzer südlich von Banja Luka befindet sich die historische Stadt Jajce, in deren Zentrum ein Wasserfall beeindruckt.

 

Südöstlich von Jajce liegt in einem Tal „Bosniens vergessene Hauptstadt“ Travnik, einst Residenzstadt eines Wesirs und Geburtsstadt von Ivo Andric (1892-1975). Der Literaturnobelpreisträger hat Travnik seinen Roman „Wesire und Konsuln“ gewidmet. Weltgeschichte und Privates, Orient und Okzident begegnen darin einander und den Lesenden, das pralle Leben sowie die meisterhaft geschilderten Milieus, die das Land der Vielfalt nachhaltig geprägt haben.

 

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